Kanzleialltag

Rentables Geschäft: Verfolgungs­verjährung im Straßen­verkehr

Dimitrij Kamener | 27. Juni 2019

Iudex non calculat: Der Richter rechnet nicht. So lautet eine unter Juristen gemeinhin bekannte Redewendung. Doch so ganz ohne Rechnen geht es auch in der Rechtswelt nicht. Ein Grund mehr sich mit der äußerst praxisrelevanten Berechnung der Verfolgungsverjährung zu beschäftigen.


Rentables Geschäft: Verfolgungsverjährung im Straßenverkehr

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Mann im Auto am Handy

Iudex non calculat: Der Richter rechnet nicht. So lautet eine unter Juristen gemeinhin bekannte Redewendung. Doch so ganz ohne Rechnen geht es auch in der Rechtswelt nicht. Ein Grund mehr sich mit der äußerst praxisrelevanten Berechnung der Verfolgungsverjährung zu beschäftigen. Das besondere Augenmerk liegt hierbei auf den Verstößen, die im Zusammenhang mit dem Straßenverkehr stehen, also der Verjährung von Verkehrsordnungswidrigkeiten aus dem StVG und der StVO.

 

Das Kraftfahrtbundesamt verzeichnet jährlich ca. 4,4 Millionen[1] Ordnungswidrigkeiten. Daraus ergibt sich eine enorme Menge an Menschen, die sich über Geldbußen und Fahrverbote ärgern und eine schier unerschöpfliche sowie niemals versiegende Quelle an potenziellen Mandaten. Allerdings umfassen die 4,4 Millionen nur die durch die Behörden erfassten Verkehrsordnungswidrigkeiten. Die Dunkelziffer dürfte um ein Vielfaches höher liegen. Doch zukünftig wird auch die Anzahl der tatsächlich erfassten Fälle enorm ansteigen. Die Digitalisierung macht es möglich: neuartige technische Methoden zur Geschwindigkeitsmessung, die weniger fehleranfällig sind und noch präziser arbeiten. Sie ermöglichen es den Behörden, Verkehrsverstöße wesentlich effizienter zu ahnden.

Mit der „Section Control“ ist es bspw. möglich, die Durchschnittsgeschwindigkeit eines Fahrzeugs über eine längere Distanz zu messen und Temposünder für das zu schnelle Durchfahren einer bestimmten Strecke zur Kasse zu bitten.
Hinzu kommt die Problematik der Dieselfahrverbote. Bei aktuell ca. 18,45 Millionen[2] zugelassenen Dieselautos in Deutschland entsteht eine weitere Quelle für Bußgelder. Dadurch steigt aber auch der Verwaltungsaufwand der Behörden weiter an.
Durch den demografischen Wandel und im Zuge von Sparmaßnahmen sinkt hingegen die Anzahl der Beamten, die sich mit OWi-Verfahren (Ordnungswidrigkeiten) befassen können.
Mehr Fälle bei gleichzeitig geringerer Zahl an Beamten sorgen für eine längere Bearbeitungsdauer pro Verfahren. Die Verfolgungsverjährung rückt damit immer weiter in den Fokus von Rechtsanwälten.
 

Doch wie berechnet sich die Verfolgungsverjährung?

Rechtsfolge einer Verjährung ist der Ausschluss der Verfolgung von Ordnungswidrigkeiten und der Anordnung von Nebenfolgen (§ 31 Abs. 1 OWiG).
Die Verjährungsfristen richten sich zunächst grundsätzlich nach § 31 Abs. 2 OWiG:

  • Mehr als 15.000€ = 3 Jahre
  • Weniger als 15.000€ und mehr als 2.500€ = 2 Jahre
  • Weniger als 2.500€ und mehr als 1.000€ = ein Jahr
  • Weniger als 1.000€ = 6 Monate

Eine wichtige Ausnahme stellt jedoch § 26 Abs. 3 StVG dar:
Danach beträgt die Verjährungsfrist im Bereich von Verkehrsordnungswidrigkeiten nach § 24 StVG drei Monate, solange noch kein Bußgeldbescheid ergangen ist oder öffentlich Klage erhoben wurde. Anschließend beträgt die Frist sechs Monate.
 

Verjährungsbeginn

Die Frist der Verjährung beginnt, sobald die Handlung beendet ist. Falls ein zum Tatbestand gehörender Erfolg erst später eintritt, so startet die Verjährung mit diesem Zeitpunkt (§ 31 Abs. 3 OWiG). Besonders wichtig ist § 33 OWiG, der in Absatz 1 verschiedene Handlungen aufführt, die zu einer Unterbrechung der Verjährung führen und somit die Verjährung komplett von neuem laufen lässt (§ 33 Abs. 3). Dabei beträgt die Höchstgrenze grundsätzlich zwar das Doppelte der gesetzlichen Verjährungsfrist, jedoch mindestens zwei Jahre. Bei Handlungen, die gleichzeitig einen Straftatbestand erfüllen, gilt hingegen die Verjährungsfrist aus der Strafandrohung. Wichtige Handlungen, die zu einer Unterbrechung führen, sind beispielsweise die Zustellung des Anhörungsbogens, die erste Vernehmung des Beschuldigten oder die gesetzlich festgelegte Anhörung einer anderen Behörde durch die Verfolgungsbehörde, bevor die Ermittlungen abgeschlossen sind.

 

Häufige Behördenfehler

Behördenfehler, die in der Praxis immer wieder vorkommen, sorgen häufig für eine Verjährung.
Erhält der Betroffene z.B. einen Anhörungsbogen, so beginnt die Frist grundsätzlich erneut. Sie wird jedoch nur dann unterbrochen, wenn die Person im Anhörungsbogen auch als Betroffener ausgewiesen ist. Ist tatsächlich eine andere Person gefahren, läuft die Verjährung für diese Person ganz normal weiter.

Die Zustellung eines Zeugenfragebogens sorgt hingegen nicht für einen Neubeginn der Verjährungsfrist. Hier ist eine Zuweisung des Betroffenen nämlich nicht möglich.
Oftmals wird der Bußgeldbescheid an die Kanzlei und nicht an den Verteidiger persönlich zugestellt. Der Bescheid ist dadurch nicht wirksam und die Verjährung wird somit nicht unterbrochen.
 

Welchen Einfluss die sinkende Anzahl der Beamten und die ansteigende Menge an erfassten Fällen in Zukunft auf die gesetzlichen Verjährungsfristen haben, bleibt abzuwarten. Bis dahin ist die Verjährung ein wirksames Mittel, den eigenen Mandanten erfolgreich zu helfen.

 

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