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Im Berufsalltag einer Kanzlei gewinnt das Thema Digitalisierung zunehmend an Bedeutung. Die Einführung des sog. besonderen elektronischen Anwaltspostfachs (beA) sowie die stetige Entwicklung im Bereich Legal Tech und Legal Design sind nur einige der Indizien dafür, die verdeutlichen, dass sich Juristen wie Rechtsanwaltsfachangestellte früher oder später auf den Umgang mit digitalen Medien und Technologien einstellen müssen.
Ein erster Schritt in diese Richtung könnte bereits darin bestehen, bei der juristischen Ausbildung anzusetzen und der zukünftigen Generation mehr Inhalte mit Digitalisierungsbezug zu bieten, um sie auf den anstehenden digitalen Umbruch vorzubereiten. Studentische Initiativen wie die Munich Legal Tech oder das Frankfurter Legal Tech Lab zeigen bereits, dass seitens der Studentenschaft ein hohes Interesse daran besteht.[1] Studenten*innen, die bereits in der Ausbildung mit technologischen Inhalten wie Legal Tech konfrontiert würden, hätten es bei ihrem Einstieg in das Berufsleben wesentlich einfacher. Zumal sie damit den älteren Generationen folglich wichtige technologische Skills voraushätten.
Warum Legal Tech? Und warum werden hier neue, andere Fähigkeiten benötigt?
Hinter Legal Tech verbirgt sich zunächst einmal alles Technologische. Im engeren Sinne meint es jedoch konkret eine Software, die die Arbeit von Juristen erleichtert (Lesen Sie hierzu auch unseren Beitrag „Legal Tech: Bedrohung oder Chance?“). Legal Tech beschreibt damit also Technologien, welche die kanzleialltäglichen Prozesse verbessern und vereinfachen sollen. Dazu zählen beispielsweise juristische Datenbanken oder Zeiterfassungssoftware. Programme, die darüber hinaus bereits wiederholende Abläufe automatisieren können, sind die Fortentwicklung von Legal Tech. Noch eine Entwicklungsstufe weiter gehen Programme, die jetzt schon dazu in der Lage sind, Dokumente vollautomatisch zu bearbeiten, sprich: einzulesen, zu verstehen und durch Interpretation weiterzuverarbeiten. Was hier ein bisschen nach Zukunftsmusik klingt, ist keineswegs mehr alltagsfern. Kanzleiprogramme wie „eDiscovery“ oder „Document Review“ sind dazu nämlich bereits in der Lage.[2]
Status Quo: Mangelnde Vermittlung digitaler Themen
Aktuell gestaltet sich das Jurastudium hier in Deutschland noch ziemlich altmodisch und orientiert sich sehr wenig an der digitalen Arbeitswelt bzw. an technologischen Umbrüchen. So ist die altbewährte PowerPoint-Präsentation meist noch das einzige digitale Medium, das genutzt wird, und auch dieses ist längst überholt. Themen wie juristisches Projektmanagement oder Legal Tech werden allenfalls am Rande erwähnt oder müssen im Regelfall selbst erarbeitet werden. Dies liegt zum großen Teil daran, dass Digitalisierung für viele Professoren und Ausbildende selbst noch Neuland ist und sie dementsprechend kaum Kompetenzen auf diesem Gebiet innehaben.
Selbiges gilt für die Ausbildung der Rechtsanwaltsfachangestellten (ReFa). Gerade sie werden sich im Kanzleialltag am meisten mit der Büroorganisation auseinandersetzen und künftig immer häufiger mit Legal-Tech-Produkten in Berührung kommen. Doch der Umgang damit wird ihnen im Vorhinein nur selten näher gebracht.
Die Alternative besteht darin, dass Kanzleien selbst Geld in die Hand nehmen und ihr Personal entsprechend schulen. Einfacher wäre es, den Auszubildenden und Studierenden die wichtigen Schlüsselqualifikationen durch frühzeitige Kursangebote zu vermitteln.[3] Im Ausland, beispielsweise in den USA oder in England, steht dies bereits seit Jahren auf der Agenda. Hierzulande ist es hingegen die Ausnahme.
Hinsichtlich Prüfungen beispielsweise wird zunehmend gefordert, diese elektronisch durchzuführen. So wurde in Sachsen-Anhalt bereits das sog. E-Examen eingeführt. Hier wird das 2. Staatsexamen bequem am PC absolviert. Gewisse Startschwierigkeiten sind natürlich auch hier nicht auszuschließen. Jedoch bietet es in vielerlei Hinsicht Vorteile: Zum einen ist die elektronische Übermittlung wesentlich schneller und Arbeiten gehen nicht auf dem Versandweg verloren. Zum anderen gehören dann auch unleserliche Handschriften, die erst entziffert werden müssen, der Vergangenheit an.[4]
Was muss sich ändern?
Die Digitalisierung schreitet zunehmend voran. Und auch wenn Kanzleien sich derzeit noch gegen das Thema Legal Tech sträuben, wird irgendwann kein Weg mehr daran vorbeiführen. Wer dieses Thema frühzeitig anpackt, wird in Zukunft weniger Zeit und Geld verlieren.
Die Lösung, von der nicht nur Kanzleien profitieren, ist die Jura-Ausbildung 2.0. Die Reformierung des Jurastudiums z.B. ist zwar schon länger ein Thema, im Vordergrund stand dabei aber bisher eher die Menge an Pflichtfachstoff, als eine Umgestaltung des Studiums bzw. des Pflichtstoffs an sich. Die Vermittlung von praktischen Schlüsselqualifikationen muss also in den Fokus – oder zumindest einmal ins Sichtfeld – rücken, um den Anforderungen der Praxis gerecht zu werden. Dass an einigen Universitäten bereits vereinzelt Kurse im Bereich Digitalisierung angeboten werden, ist natürlich begrüßenswert. Angesichts der rasanten Veränderungen, die sich in der Rechtsbranche abzeichnen, ist das jedoch nicht ausreichend. Vielmehr bedarf es flächendeckender Regelungen und Änderungen im Studien- bzw. Ausbildungsverlauf. Vor allem große, internationale Unternehmen und Kanzleien werden künftig von den Universitätsabsolventen Kenntnisse in den Bereichen Legal Tech verlangen.
Sollten sich diese Änderungen bald durchsetzen, gilt für diejenigen, die bereits ihre Ausbildung hinter sich haben, dass sie sich ebenfalls mit dem digitalen Trend intensiv auseinandersetzen sollten, um später nicht das Nachsehen zu haben.
[1] https://www.lto.de/recht/studium-referendariat/s/eine-moderne-juristenausbildung-digitalisierung-legal-tech/
[2] https://www.bucerius-education.de/artikel/legal-technology-und-die-digitalisierung-des-rechtsmarkts/
[3] https://www.welt.de/regionales/hamburg/article185954944/Studium-Hamburg-fordert-Staatsexamen-2-0.html
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